Wie du aus der Perfektionismus-Falle aussteigst
Der heimliche Feind unserer Produktivität heißt Perfektionismus.
Er bremst uns, indem wir nie mit unserem Ergebnis zufrieden sind. Wir deshalb immer weiter an dem Resultat feilen: Hier noch etwas abändern, dort noch eine Kleinigkeit ergänzen, zum Schluss noch ein Thema recherchieren. Das dumme: Während wir dies tun, fällt uns wieder etwas auf, was wir noch „optimieren“ können und so werden und werden wir nicht fertig. Wir halten uns mit Kleinigkeiten auf, die für das Endresultat letztendlich nicht kriegsentscheidend sind, uns aber sehr viel Energie und Zeit rauben. Wir verzetteln uns und verlieren uns so sehr im Detail, dass wir am Ende des Tages kaum etwas geschafft haben. Anstatt also einfach mal zu machen, blockieren wir uns selbst. Denn letztendlich ist auch ein 80%-Ergebnis besser als ein Perfektes, dass ungesehen in der Schublade liegt und niemand zu sehen bekommt. Oder wie mir letztens jemand sagte: „Lieber stolpernd voranschreiten, als perfekt auf der Stelle zu treten“.
Aber um eines gleich auf den Punkt zu bringen: Perfektionismus hat nicht nur schlechte Seiten. Es ist durchaus positiv, wenn man einen hohen Anspruch hat und immer sein Bestes geben möchte. Er wird nur dann zum Problem, wenn er überhandnimmt und wir ihn auch bei solchen Aufgaben einsetzen, bei denen schnelles Handeln wichtiger ist, als im Status Quo zu verharren. Und wir uns ärgern, wenn unser Kollege schon wieder die Idee im Meeting präsentiert, die wir schon vor ein paar Tagen hatten, aber noch über ein Detail grübeln und über die Umsetzbarkeit nachdenken, während unser Kollege schon mittendrin ist im Umsetzen. Dann sollten wir schleunigst etwas tun.
Woher kommt Perfektionismus und wie schicke ich ihn dorthin zurück?
In erster Linie kommt Perfektionismus von unser Gewissenhaftigkeit. Wir möchten alles richtigmachen und ein gutes Ergebnis abliefern. Der Chef soll sich schließlich auf uns verlassen können und die Kollegen sollen wissen, dass wir kompetent sind.
Ein anderer Grund ist unsere Erziehung. Schon früh wurden wir gelobt, wenn wir gute Noten geschrieben oder etwas richtiggemacht haben. Bei Fehlern hingegen hieß es schnell „Dann musst du dich beim nächsten Mal noch mehr anstrengen“.
Meist steckt aber auch die Angst davor, Fehler zu machen und von anderen ausgelacht oder als inkompetent eingestuft zu werden. Wir haben Angst von unseren Mitmenschen negativ bewertet oder nicht mehr gemocht zu werden. Perfektionismus äußert sich insbesondere in unserem Denken. Wir setzen uns selbst unter Druck mit Gedanken wie „Ich muss immer alles richtigmachen“ und „Nur wenn ich perfekt bin, verdiene ich Anerkennung und bin es wert, geliebt zu werden“. Aus dem gleichen Grund bürden wir uns auch oft viel zu viel auf.
Kennt ihr das? Unsere To-do-Liste quillt über und wir wissen nicht, wo uns der Kopf steht. Bis übermorgen müssen wir eine Präsentation vorbereiten und öffnen wir unser E-Mail-Postfach, sehen wir eine endlose Reihe unbeantworteter Mails. Nach der Arbeit müssen wir noch einkaufen gehen (die Eier natürlich vom Bauern am Stadtrand, das Fleisch beim Metzger unseres Vertrauens und den Rest vom Biomarkt) und unsere nächste Reise planen. Dann ist da noch die Familienfeier am Wochenende (natürlich mit selbstgekochtem 3-Gänge-Menü und auserwählter Tischdekoration, es soll ja ein ganz besonderer Abend werden) und der anstehende Wohnungsputz (was sollen die Gäste sonst denken). Das Geburtstagsgeschenk für unsere Freundin müssen wir noch besorgen und das Fitnessstudio würde uns auch mal gerne wieder von innen sehen. Wenn unser Umfeld merkt, wie wir gerade ins Schleudern kommen und uns anbietet etwas abzunehmen, senden die wenigsten von uns unserem Gegenüber ein dankbares Lächeln und freuen uns. Nein, aufopfernd und beinah heldenreich sagen wir „Das ist lieb, aber das ist nicht nötig“ und lehnen die Hilfe tatsächlich ab. Warum eigentlich? Erstens wollen wir keine Schwäche zeigen und zweitens machen es die anderen uns ja doch nicht gut genug. Wir wollen es ja perfekt und wenn es nicht genauso wird, wie wir es uns vorstellen, sind wir unzufrieden. Wenn unser Partner uns dann zum Beispiel vorschlägt für die Familienfeier Essen zu bestellen oder aus dem 3-Gang-Menü einfach zwei Gänge zu streichen, schauen wir ihn verständnislos an und schütteln genervt den Kopf. Im schlimmsten Fall machen wir ihm noch Vorwürfe, dabei hat er es nur gut gemeint. Warum ich dieses Beispiel aus Frauensicht schreibe, ist kein Zufall. Denn meistens sind es die Frauen, die sich zu viel aufhalsen und es allen recht machen möchten. Vor allem uns selbst.
Dies hat letztendlich auch körperliche Folgen. Wir sind angespannt, nervös, innerlich unruhig und versetzen uns durch unsere hohen Ansprüche an uns selbst permanent in einen Stresszustand. Dies ist auf Dauer nicht gesund und verstärkt unsere Unsicherheit zudem noch weiter.
Diese vier Tipps helfen dir, um deinen Perfektionismus nach und nach abzulegen:
# 1: Setze dir für eine Aufgabe ein konkretes Zeitfenster!
Möchtest du eine Aufgabe abarbeiten, setze dir vorher bewusst ein konkretes Zeitfenster. Stell dir am besten einen Timer, damit du die Zeit immer im Auge hast. Wenn du von Anfang an weißt, dass du nur zwei Stunden Zeit hast, um beispielsweise die Präsentation für das Meeting zu erstellen, wirst du von Beginn an schneller als sonst arbeiten und dich viel eher auf das große Ganze konzentrieren, als auf unwichtige Details.
# 2: Freu dich darauf Fehler zu machen!
Ja, du hast richtig gelesen. Denn Fehler bringen dich weiter und aus ihnen lernen wir besonders viel. Sie sind unsere Chance zu wachsen. Und alle Fehler können wir auch mit unserem Perfektionismus nicht ausschließen. Egal wie gut wir uns vorbereiten, denn dafür ist die Welt heutzutage viel zu komplex. Aber so what? Die Hauptsache ist doch, dass wir ans Machen kommen und nicht den schlimmsten Fehler von allen begehen: Zu spät zu sein.
# 3: Bleib locker!
Du musst nicht immer alles bis ins kleinste Detail planen und dich selbst dabei überschlagen. Deine Gäste sind mit einem weniger aufwendigen Gericht zufriedener, wenn du mit ihnen dafür entspannt am Tisch sitzen und lachen kannst, statt von den Vorbereitungen erschöpft um elf am Tisch einzuschlafen. Einfach mal Fünfe gerade sein lassen und mehr genießen!
# 4: Du darfst auch Hilfe annehmen!
Wenn du wirklich gerade kein Land siehst und trotz neu entdeckter Lockerheit (dank Tipp 3) einfach viel zu tun hast, ist es durchaus erlaubt dein Umfeld um Hilfe zu fragen bzw. diese auch anzunehmen. Die anderen freuen sich, wenn sie dir helfen können und du kannst dich bei Zeiten revanchieren. Du hast Angst, dass sie es nicht genauso gut machen wie du selbst? Überschätz dich nicht und bleib locker 🙂
Eine Sache zum Schluss: Die Tipps helfen dir, schneller ins Handeln zu kommen und deine Erwartungen an der ein oder anderen Situation runterzuschrauben. Das wird nicht von heute auf morgen klappen und setze dich damit nicht unter Druck, indem du dir vornimmst ab sofort die Tipps zu Hundertprozent umzusetzen. Das wäre nur eine weitere Form von angewandtem Perfektionismus. Also lieber locker bleiben, Fehler erlauben und üben die Dinge loszulassen.
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