
Introversion vs. Extraversion: Ist das eine besser als das andere?

Heute möchte ich einen Blick auf die Introvertierten unter uns werfen. Sie gelten oft als schüchtern, langweilig, in sich gekehrt – kurz um: Als Mauerblümchen. Während die Extrovertierten auf Partys von einem Tisch zum nächsten wandern und es genießen im Mittelpunkt der Aufmerksamkeit zu stehen, laut lachen, sich scheinbar mit jedem gut verstehen und sich prächtig amüsieren, beobachten Introvertierte das Treiben oftmals am Rande der Veranstaltung.
Alles nur Vorurteile?
Das Introvertierte einen solch schlechten Ruf haben, liegt oftmals daran, dass der Begriff im Sprachgebrauch falsch interpretiert und mit „schüchtern“ gleichgesetzt wird. Auch spricht die Kultur eine große Rolle in der Bewertung der Persönlichkeit. Werden Introvertierte beispielsweise im asiatischen Raum geschätzt, kann es in den USA nicht laut genug sein. Doch was bedeutet introvertiert sein nun eigentlich genau, wenn nicht schüchtern?
Introvertiert bedeutet nichts anderes, als seine Aufmerksamkeit verstärkt auf sein eigenes Innenleben zu richten statt nach außen. Die Begriffe Intro- und Extraversion basieren auf der Typologie von Carl Gustav Jung, einem schweizerischen Psychiater und Begründer der analytischen Psychologie. Ein wichtiges Erkennungsmerkmal ist außerdem, dass man seine Energie dadurch gewinnt, Zeit mit sich alleine zu verbringen um in Ruhe seine Energiereserven aufzutanken. Wenn introvertierte Personen hingegen lange Zeit am Stück von anderen umgeben sind ohne eine Rückzugsmöglichkeit zu haben, fühlen sie sich schnell erschöpft und ausgelaugt.
Dies kann dann schon mal zu Irritationen führen, wenn das Umfeld denkt, man zieht sich nach dem Tagesseminar aus Desinteresse oder Gleichgültigkeit zurück, anstatt den Abend mit den anderen an der Bar zu verbringen. Dabei genießen introvertierte Persönlichkeiten durchaus auch die Gesellschaft von anderen, aber sie benötigen diese Zeit mit sich selbst zwischendurch eben, um ihren Energietank wieder aufzufüllen. Dies sollte man akzeptieren und tolerieren.
Jeder von uns trägt im Übrigen sowohl introvertierte als auch extravertierte Züge in sich. Je nach Anlass, Umfeld und Situation können wir also entweder auf unser Inneres oder nach außen gerichtet sein. Doch eine der beiden Richtungen wird von uns favorisiert und durch sie gewinnen wir letztendlich unsere Energie.
Auch als Introvertierte/r kann man sehr erfolgreich sein. Bekannte Persönlichkeiten machen es vor: Angela Merkel, Bill Gates und Albert Einstein sind wohl die berühmtesten Introvertierten, die sich auf leise Weise ihren Weg nach vorne gebahnt haben. Doch wie schafft man es in der Masse nicht unterzugehen und sich gegen die Extrovertierten durchzusetzen? Gerade im Berufsleben ist dies oftmals schwer, wenn der Arbeitskollege wieder lauthals (und ungefragt) seine Ideen zum Besten gibt, bevor man sich überhaupt zu Wort melden konnte. Dies führt zu Frust auf beiden Seiten.
Die Intros müssen sich aber auch auf die Extrovertierten einstellen. Oftmals werden diese von den Introvertierten nämlich als Schwätzer abgetan, die nur reden können, aber keine Kompetenz haben. Zu laut sind. Zu oberflächlich. Das sind genau solche Vorurteile wie umgekehrt. Damit bringt man sich außerdem in die Opferrolle: Die bösen Extrovertierten, die einem immer die Show stehlen und weshalb man lieber gleich die Ideen für sich behält, statt sich vor dem Chef gut zu verkaufen? Nein, dafür ist man schon selbst verantwortlich!
Außerdem gibt es kein gut oder schlecht: Egal, ob extrovertiert oder introvertiert – wir sind alle genau so richtig, wie wir sind. Sowohl die Extrovertierten als auch die Introvertierten haben wertvolle Stärken, die gut für das Miteinander sind. Die uns Impulse geben. Uns voranbringen. Unsere Gesellschaft bereichern.
Wir müssen nur lernen, uns selbst und unser Umfeld zu verstehen und einordnen zu können. Reflektieren, warum wir uns in manchen Situationen so verhalten und nicht anders. Überlegen, wie dies wiederum bei unseren Mitmenschen ankommt und uns somit in unser Gegenüber hineinversetzen. Versuchen die Welt mit seiner Brille zu sehen und bewusst die Perspektive zu wechseln.
Wenn wir dies tun, vermeiden wir häufig nicht nur Missverständnisse und Konflikte, sondern haben automisch mehr Verständnis füreinander. Wir können dann viel gelassener mit der Andersartigkeit des Gegenübers umgehen, als immer nur mit erhobenem Finger auf sie zu zeigen und unser Umfeld mit mehr Wertschätzung begegnen. Dies wiederum wird uns erfolgreicher machen – sowohl privat als auch im beruflichen Umfeld.
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